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Masrah/Theater - Experten- und Hochschuldialog in Palästina und Deutschland

Interkulturalität – als ein aktuelles Praxisfeld in der theaterpädagogischen Ausbildung

Ich möchte kurz ein internationales Projekt vorstellen, dass das Institut für Theaterpädagogik der Hochschule Osnabrück mit dem Arbeitskreis Kirche und Theater der evangelischen Kirche und  dem Dar al Kalima College Bethlehem 2011 begonnen haben. Die Zusammenarbeit wird durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördert. 

 

Theater wird als Medium des Wandels und der Entwicklung begriffen. Dieser Dialogansatz soll der Entwicklung neuer Curricula für solche Theaterpädagogik dienen, die besonders  in interkulturellen Zusammenhängen mit sozialen und entwicklungsbezogenen Aufgaben wirksam werden. Ziel der Bemühungen ist die Partizipation im Sinne von politischer Teilhabe aller Beteiligten, sowie einer künstlerischen, transkulturellen Intervention, einer zivilgesellschaftlichen Einmischung.

  

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Zugegebenermaßen fehlen hier bislang empirische Daten, Evaluierungen, Wirkungszusammenhänge etc. Forschung in Praxis und Lehre soll durch dieses seit 2011 bestehende Projekt in Deutschland wie Palästina intensiviert werden. Die aus dem Englischen bekannten Termina „theatre for developement“ or „theater of relevance“ verweisen auf Handlungsweisen eines Theaters der Einmischung.  Hier ist es die unmittelbare Kommunikation des Theaters, die emotional berührt und polarisieren kann. Durch unseren Besuch in den Theaterstädten Palästinas, an Theaterhäusern in Jenin, Hebron, Rahmallah, Ostjerusalem und Bethlehem im Dezember 2011 überzeugte wir uns, wie notwendig die Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen in sozialen Brennpunkten ist. Diese wird ohne Zweifel in den kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen. Ein wunderbares Beispiel war  eine überzeugende theaterpädagogische Arbeit mit Mädchen im Flüchtlingscamp „Aida“ in der Nähe von Bethlehem, die ihre Erinnerungen bei der Besetzung und Durchsuchung ihrer Wohnungen und den damit einhergehenden Gewaltexzessen des Militärs darstellten.

Der Studiengang Theaterkunst/Theaterpädagogik/Drama des 2006 von der evangelischen Weltkirche mitgegründeten Dar al-Kalima College(DAK) in Bethlehem zielt nicht unmittelbar auf die Ausbildung von Schauspielern und Schauspielerinnen, sondern will „Theatermachern“, Theaterlehrer_Innen für besondere Zielgruppen und Menschen jeden Alters  in besonderen soziokulturellen Arbeitsfeldern ausbilden.

Dies Projekt, dass eine Laufzeit von hoffentlich 3-5 Jahren hat, untergliedert sich in drei Aktionssäulen:

a) dem bilateralen Lehrplan/Hochschullehrer_innendialog

b) dem bilateralen Studierendenaustausch

c) dem multilateral aufgebauten Expertennetzwerk für Theater in Palästina und Deutschland

Unser Ziel für das Jahr 2013 wurde es, den noch ausstehenden Bachelor-Abschluss des Theaterstudiengangs auf Experteneben zu diskutieren, gemeinsam Studienlinien zu formulieren und Prüfungsbausteine abzugleichen, sodass ein Antrag zur BA-Akkreditierung Ende dieses Jahres dem Erziehungsministerium genehmigungsreif vorliegen kann. Flankierend dazu veranstalteten die drei oben erwähnten Akteure zwei Netzwerksymposien in Bethlehem und Lingen(Ems) mit palästinensischen und deutschen Theatermacher und Pädagogen, an dem 12 der bekanntesten Theaterinstitutionen Palästinas, Ministeriums- und Botschaftsvertreter teilnahmen.

Die Palästinensischen Gebiete sind heute, wie wir aus vergangenen Besuchen und Gesprächen mit dortigen Kollegen_Innen erfuhren, keine theaterpädagogische Diaspora mehr, sondern bieten seit einigen Jahren nahezu alle Einsatzmöglichkeiten für die  Theaterpädagogik an. Was derzeit fehlt, ist die akademische Ausbildung der Dozenten und Professoren, der wissenschaftliche Nachwuchs, der Studierende in unterschiedliche Fächer, Praxen und Forschungsgegenstände der Theaterpädagogik systematisch ausbilden kann.

Wir haben uns gefragt, was ein interkultureller Studienansatz für ein Deutsches Institut für Theaterpädagogik erreichen kann? Ziel ist vor allem eine Erweiterung unserer Lehrinhalte mit einer deutlicheren Hinwendung zur transkulturellen Bildung durch Theater und die Formulierung von Lehr- und Forschungsziele in den kommenden drei Projektjahren.

Wir erwarten vom Dozentenaustausch u.a. ein Sammeln und Evaluieren möglicher  Arbeitsweisen/Methoden des Theaters, die im Sinne eines interkulturellen Dialogs  bilateral überprüft werden. Diese Zusammenarbeit mit den Partnern in Palästina kann uns die Sichtweise z.B. auf Einwandererkulturen aus dem Nahen Osten schärfen und die Dringlichkeit bestimmter Themen, die Kinder und Jugendliche aus arabischen Ländern mitbringen mit hoher authentischer Präsenz darstellen.

Wir möchten das interkulturelle Verständnis von Studierenden in Deutschland und Palästina durch Lehre, Forschung, ungewöhnliche Begegnungen, Sprachprogramme und den Kooperationen mit benachbarten Künsten und Institutionen(den Instituten für Musik, dem Institut für Dokumentarfilm)vertiefen bzw. anregen. Während der Drucklegung dieser Heftausgabe entsteht derzeit ein gemeinsames Theaterstück an der Hochschule Osnabrück, dass durch Studierende beider Studiengänge mit anschließender Tournee durch 6 Städte in Palästina gezeigt wird.         

Themen und Konzeption wurde während des vergangenen Sommersemesters über Skype diskutiert. Die Stoffe des Stückes sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmt: u.a. Freiheit, Situation der Jugendlichen in den Gettos, Religion oder Liebe. Theaterformal findet eine Suche nach offenen ästhetisch aktuellen Theaterformen statt. Es wird in arabischer, deutscher, englischer Sprache gespielt. Das Ensemble besteht aus 8 palästinensischen und ebenso vielen deutschen Studierenden. Darunter sind auch drei Musikstudenten aus den Instrumentalklassen des College in Bethlehem.         

Darüber hinaus wird das ITHP Studierenden des Dar al-Kalima College anbieten, an der Hochschule Osnabrück mit einem Bachelor of Art abzuschließen.  Ein weiterer wichtiger bilateraler Arbeitsschwerpunkt für das Jahr 2014 wird es sein, dass palästinensische und deutsche Studierende Partnerschaften gründen, um gemeinsame Theaterprojekte mit Kindern und Jugendlichen in beiden Ländern zu gestalten. Diese sollen schriftlich ausgewertet und dokumentiert werden.  Teilnehmende Institutionen können Schulen, Jugendkunstschulen, TPZen, Stadttheater sein.

Die dritte Aktionssäule beschreibt die Einrichtung einer standing conference(network) für die kommenden Jahre. Die hier versammelten Theaterexperten interagieren mit den Hochschulen, um einen längeren curricularen Diskurs in Gang zu setzen, sowie neue Praxisfelder und sogar Arbeitsfelder für Absolventen in Palästina zu eruieren. Aus diesem Grund ist die Einrichtung einer eigenen Website geplant, auf der sich alle Beteiligten Theater/Kulturinstitutionen präsentieren. Das Erscheinen der Seite ist für Dezember 2013 geplant.

 

Andreas Poppe/Klaus Hoffmann